Posts Tagged ‘Internet’

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Zu Guttenbergs Rücktritt

2011/03/01

Zu Guttenberg ist nun doch endlich zurückgetreten. Aber auch im Rücktritt bleibt er seinem Verhalten treu. Seine Rücktrittserklärung tropft von Eitelkeit und Selbstgefälligkeit, sie ist voller Heuchelei. Guttenberg stilisiert sich darin vor allem selbst als Opfer – er scheint einer Art “Dolchstoßlegende” Vorschub leisten zu wollen. Zudem steht er immer noch nicht zu dem Umfang seines akademischen Betrugs und zum Belügen der Öffentlichkeit. Und er ist sich sogar nicht zu schäbig, tote Soldaten für seine Zwecke zu instrumentalisieren. Ein “anständiger”, “ehrenhafter” Rücktritt sieht anders aus.

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Was können Blogs in Deutschland erreichen?

2011/02/15

Ein Nachtrag zur Diskussion “Retten die Blogger die Demokratie?” auf dem Blogger-Kongress in Köln

Was können Blogs in Deutschland erreichen? Was ist ihre Aufgabe? Können sie wirklich die Demokratie retten, können sie gesellschaftlichen oder politischen Wandel verursachen – oder gar eine Revolution? Ich denke, hier ist erst mal ein gesundes Maß Bescheidenheit und Realitätssinn angebracht.

Zunächst einmal ist der oft gezogene Vergleich zu Bloggern beispielsweise in Tunesien oder in China kaum angebracht. Dort herrschten bzw. herrschen – wohl kaum bestreitbar – deutlich repressivere Zustände als in Deutschland. Die politischen Blogs sind in vielen Ländern oft die letzten Refugien der Meinungsfreiheit. In Deutschland gibt es diese Meinungsfreiheit – nur wird sie kaum genutzt. Was wir hier brauchen, ist mehr Meinungsvielfalt. Und das ist das, was die politische Blogosphäre in Deutschland kann: eine Plattform für alternative Meinungen darzustellen, für Positionen abseits des gegenwärtigen Mainstreams. Nicht weniger. Aber auch nicht mehr.

Worauf beziehen sich diese alternativen Meinungen? Beim Thema Demokratie geht es weniger um einen Mangel an demokratischen Institutionen, als um ihre Aushöhlung und Pervertierung, um Lobbyismus, Korruption, Verantwortungslosigkeit. Vor allem aber ist es die ökonomische Struktur. In den letzten 30 Jahren sind fast alle Parteien und großen Medien auf die Linie des Neoliberalismus eingeschwenkt. Soziale und ökonomische Positionen, die davor noch eine ganz normale Position – bis sogar hinein in große Teile von Union und FDP war – darstellten, gelten heute schon als linksradikal. Gerade im Zuge der Finanzkrise, in der weltweit ein Umdenken einsetzte, steht nun Deutschland als eine der letzte Festungen der Angebotspolitik da. Es ist dringend an der Zeit, endlich vernünftigeren Positionen Platz einzuräumen. Eine “Gegenöffentlichkeit” ist notwendig, nicht zuletzt, weil der Journalismus, insbesondere der Wirtschaftsjournalismus, versagt hat.

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Der Kongress bloggt

2011/01/29

Bloggerkonferenzen? Ist das nicht so was, wo irgendwas-mit-Medien-Typen ungeheuer viel Geld hinlegen, um sich irgendwo im Prenzl Berg o.ä. bei einem Latte Machiatto vor ihren Macs die immer gleichen selbstreferentielle Metamediendiskussionen anzutun, die niemanden außerhalb interessieren, wenn sie nicht gerade mal wieder versuchen, die Urfrage zu erkunden, nämlich wie man mit dem Internet denn nun endlich mal ordentlich Schotter verdienen kann? Ja, das ist es wohl meistens. Muss es aber nicht.

In Köln trifft sich vom 11. bis zum 13. Februar 2011 die politische Blogosphäre: (RE)Evolution. Der Kongress bloggt. Krise muss nicht traurig sein. Ok, das Motto find ich jetzt auch nicht überragend (und die Musik hätte durchaus etwas mehr Abwechslung vertragen). Aber sonst sieht alles sehr viel versprechend aus: das Programm, der Ort, das Drumherum, alles top. Die ganze politsche Blognachbarschaft ist versammelt: Wolfgang Lieb von den NachDenkSeiten, Jens Berger vom Spiegelfechter, Roberto de Lapuente von ad sinistram, Duke Erdmann von Feynsinn, Stefan Sichermann vom Postillon und Frank Benedikt vom binsenbrenner. Dazu jede Menge Musiker, Kaberettisten, Künstler, Journalisten, Whistleblower (dies ist ein Schwerpunkt der Veranstaltung). Es gibt Vorträge, Diskussionen, aber auch viele verschiedene Künstler-Performances, Musik, Party und eigentlich alles, was man in so eine Veranstaltung rein packen kann. Außerdem läuft noch im Vorfeld ein „Blog-Karneval“, in der sich verschiedene Blogs ihre Gedanken zum Thema „Krise“ machen (auch hier wird in den nächsten Tagen ein Beitrag dazu erscheinen).

Aber das wichtigste ist natürlich, dass dieser Kongress auch möglichst viele Leute erreicht. Wer kommen möchte, sollte sich beeilen: aus gut unterrichteten Kreisen zwitschert es, dass die Karten rar sind – daher schaut am besten gleich mal hier beim Vorverkauf vorbei. Also, ich würde mich freuen, vielleicht einige Leser in Köln zu treffen! [Originalpost]

 

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Appelle für WikiLeaks

2010/12/17

Mehrere Appelle gegen die Kriminalisierung und zur Unterstützung von WikiLeaks auf GuardianoftheBlind.de

 

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WikiLeaks und die Informationshoheit

2010/12/09

Information ist Macht, gerade in der heutigen Welt. Und Macht ist, auch in der heutigen Welt, und auch in den scheinbar vollständig demokratisierten Gegenden, ist in der Macht kleiner Gruppen konzentriert. Wer nun, wie WikiLeaks, antritt, nicht einmal um diese Machtstrukturen aufzubrechen, sondern nur, um für etwas mehr Transparenz und Informationsfreiheit zu sorgen, bekommt die geballte Macht des Systems zu spüren, der Regierungen, der Wirtschaft und der Presse. Die Regierungen beugen das Recht bis aufs Gebrechen, die Wirtschaft versucht (ob nun auf Anweisung der USA oder autonom spielt hier nur eine untergeordnete Rolle), WikiLeaks ökonomisch auszutrocknen. Am fatalsten ist aber die Rolle der Medien, angesichts derer man verwundert ist und sich einige Fragen stellen muss:

Warum bricht nun ein solch verheerender Diffamierungs-Beleidigungs-„Internetterroristen“-Sturm gerade über die hinein, die journalistische Aufgaben tatsächlich erfüllen (oder zumindest erfüllen wollen), die wenigstens einen Ansatz von so etwas wie einer „vierten Gewalt darstellen könnten? Warum gehört aber jemand wie Hans Leyendecker, der in Deutschland als „investigativer Journalist“ gilt, zu den lautesten Kritikern von WikiLeaks und wird auf einmal zum Anwalt staatlicher Geheimniskrämerei, von Hinterzimmerpolitik und Intransparenz? Ist es tatsächlich nur das gekränkte journalistische Selbstbewusstsein? Gerade aber die ebenfalls heftig kritisierte fehlende journalistische Aufbereitung der „Rohdaten“ durch WikiLeaks steht diesem aber doch gerade entgegen: WikiLeaks gibt den Journalisten brisantes Material an die Hand, dass diese dann aufbereiten. WikiLeaks fungiert so als ein zusätzlicher Mittler zwischen direkten Informanten und Journalisten, der die Vorteile bietet, tatsächlich für eine Anonymität der Quellen sorgen zu können (natürlich nur insoweit, als das diese sich nicht selber fahrlässig entarnen) und eine technische Infrastruktur bereitstellen zu können. Oder, einfacher gefragt: Wie können die Medien überhaupt gegen WikiLeaks sein?

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Die deutsche Blogosphäre: Selbstreferentialität versus Relevanz

2010/04/20

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War es eigentlich die ersten Jahre nach der Erfindung des Buchdrucks auch so, dass ständig Bücher ohne jeden Inhalt erschienen, in denen es nur darum ging, wie man Bücher schreibt (aber nicht um Inhalte), wie man Bücher verbreiten und damit möglichst Geld verdienen kann und darum, dass Papyrusrollen ja so veraltet wären und die Papyrusrollenhersteller sich immer noch nicht an die neuen Zeiten angepasst hätten und endlich neue Strategien finden müssten (ohne zu sagen, wie die aussehen oder in welche Richtung sie gehen könnten)? Ich glaube nicht, dass es so war. Es war ja auch nicht so, dass die Bücherschreiber sich immer nur untereinander mit dem Bücherschreiben beschäftigt haben und das Volk weiter bei den Papyrusrollen blieb, da diese auch wirkliche Informationen lieferten. Nein, eine neue Medien-Technik wird nur ihr gesamtes Potential ausschöpfen können, wenn sie neben den praktischen Vorteilen auch eine gute inhaltliche Qualität gewährleistet. Und das geht nun mal nicht, wenn sich sämtliche Ressourcen und Energien nur in selbstreferentiellem inhaltslosem Gerede eschöpfen.

Das klingt jetzt wahrscheinlich härter, als es gemeint ist.  Natürlich spricht überhaupt nichts dagegen, dass es auch solche Blogs gibt, aber so kommt es halt, dass Blogs in der nichtinternetaffinen Öffentlichkeit entweder mit irgendwelchen bescheuerten Verschwörungstheoretikern assoziiert werden oder eben mit den zwar netten, aber nicht wirklich ernstzunehmenden Nerds, die sich entweder mit Technik oder eben mit sich selbst beschäftigen. Dabei steckt im Netz in der Tat ein rieseiges Potential für kritischen Journalismus. Mit den Netzsperren und den Bürgerrechten hatte und hat man ja durchaus Themen, bei dem man den Mainstream-Medien an Qualität der Recherche und Argumentation um Meilen vorraus ist. Es gibt durchaus sehr gut Blogs in Deutschland, die sich mit politischen, wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Themen beschäftigen, doch ist ihre Zahl, wie die ihrer Leser, durchaus sagen wir ausbaufähig. Erst wenn deutlich mehr von der Energie, die in selbtbezogene Diskussionen gesteckt wird, in inhaltliche Arbeit übergehen kann, werden Blogs so relevant sein, wie sie sich gerne sehen.

[…]

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Brauchen wir ein Internet-Gesetzbuch?

2010/04/07

Die ehemalige Bundesjustiz-ministerin Brigitte Zypries fordert ein Internet-Gesetzbuch. Freiheit im Internet bedeute für sie nicht Anarchie, so Zypries. Ok, sehen wir von dem wie fast immer völlig falschen Anarchie-Begriff einmal ab, der hier offenbar gemeint ist. Die „Regeln der analogen Welt müssten auch im Netz durchgesetzt werden“, heißt es weiter. Gerade Frau Zypries sollte als ehemalige Justizministerin doch am besten wissen, dass die „normalen“ Gesetze genauso im Internet gelten. Zudem weiß auch sie, dass sie oft im Netz noch drastischer durchgesetzt werden können und durchgesetzt werden – oft in völlig absurdem Maße. Als ob das Internet in Deutschland nicht drastisch genug reglementiert wäre, als ob man nicht schon Angst haben müsste, wenn man schreibt „Firma A finde ich ja persönlich etwas besser als Firma B“ sofort von Firma B wegen übler Nachrede oder Schmähkritik auf eine mindestens 5-stellige Summe verklagt zu werden und sie selbstverständlich Recht bekommt. Nicht zu vergessen natürlich die Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmungen, weil ein Jugendlicher eine Handvoll Lieder illegal heruntergeladen hat. Und natürlich das deutsche Abmahn“recht“ als vielleicht der größte Hohn eines Rechtsstaates überhaupt. Gegenüber dieser Willkür wirkt selbst die Regentschaft Heinrichs des VII. wie eine Hochzeit der Vernunft. Warum also ein eigenes Gesetzbuch für das Internet?

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Wir sind wieder wer!!!

2010/03/15

In letzter Zeit hört man nicht viel gutes über Deutschland. WIR verlieren weltweit den Anschluss, wir sind nicht attraktiv genug für ausländische Investoren, unsere Löhne sind zu hoch, ebenso Sozialleistungen und Umweltstandards. Waffen werden verteufelt. Jetzt soll gar der Wehrdienst gekürzt werden! Doch man darf nicht übersehen, dass WIR durchaus einige Erfolge vorzuweisen haben. Ok, manche von diesen nervigen Gutmenschen werden das wieder anders sehen – die können auch nie zufrieden sein. Doch für UNS, die schweigende Mehrheit, ist das allemal ein Grund, die Korken knallen zu lassen.

(1)

Zum ersten: In den letzten 5 Jahren hat sich UNSER Anteil an den weltweiten  Waffenexporte mehr als verdoppelt. Deutschland ist nun drittgößter Waffenexporteur weltweit. WIR sind Vize-Vize-Waffenexport-Weltmeister! Weltweit sind in dieser Zeit die Umsätze mit Waffengeschäften um gerade mal 22% gestiegen. WIR haben es IHNEN also gezeigt! Und dabei gibt es auch keine falsche Zurückhaltung: 55 Länder stehen auf der Lieferliste der deutschen  Waffenhändler, darunter auch so sympatische Staaten wie Malaysia, Jordanien, China, Taiwan, Indien, Iran, Israel, Vietnam und Venezuela. Eine schöne Pointe auch, China und Taiwan oder Israel und Jordanien gleichzeitig zu beliefern! Wenn’s da mal knallt, verdient eine Seite auf jeden Fall: die deutsche Rüstungsindustrie!

Danke Euch, liebe Speerspitze der vaterländischen Wirtschaftskraft, dass weltweit deutsche Waffen gegen Terrorismus, Aufständische und die allgemeine Überbevölkerung kämpfen! Und lasst Euch nichts sagen: was mit Euren Waffen geschieht, das liegt doch gar nicht in Eurer Verantwortung! Wenn man einem Affen eine Pistole gibt, und er erschießt jemanden, schiebt man dann etwa die Schuld auf denjenigen, der ihm die Pistole gegeben habt? Na bitte! Denn wenn es eine ehrliche, anständige, moralische, kurz: eine gute Branche gibt, dann doch wohl die Rüstungswirtschaft!

(2)

Oh, und in noch einem ganz anderen Feld waren WIR erfolgreich: in Deutschland schätzt man die Meinungsfreiheits-Möglichkeiten im Internet weltweit am niedrigsten ein! Wozu auch, wer braucht die schon, diese „Meinungsfreiheit“? Sind doch eh alles linke Demagogen oder Bürgerrechts-Agitatoren und diese ganzen anderen ewigen Querulanten. Bild, Welt und Staatsfunk, was will man denn eigentlich noch mehr? Dem Satz „Das Internet ist ein sicherer Ort, um meine Meinung zu äußern“ können bei UNS nur 26 % der Befragten ganz oder teilweise zustimmen. Nicht schlecht! In China liegt man da noch bei 42%. Die haben noch einen weiten Weg vor sich! Ok, zugegeben, ein großer Teil des Verdienstes liegt neben der försorglichen Gesetzgebung unserer obertsen Volksvertreter sicher auch bei der Abmahnindustrie und der Rechtssprechung. Aber eins steht fest: bei UNS ist das Netz sicher!!!1

Ja, WIR sehen es: es ist doch nicht alles schlecht! WIR können durchaus noch auf etwas stolz sein!

Bildquellen:

(1) Bearbeitung von  ProfessorMortis / http://creativecommons.org/licenses/by-nc/2.0/deed.de

(2) Elias Schwerdtfeger / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-sa/2.0/deed.de

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Ohne Vorratsdatenspeicherung drohen uns ganz und gar unermessliche Gefahren!!!

2010/03/05

Nach dem Urteil zur Vorratsdatenspeicherung beginnen die Medien bereits mit einer Kampagne, dass nun ohne eine Vorratsdatenspeicherung unermessliche Gefahren drohen könnten. Warum dies getan wird, liegt relativ nahe: man will unbedingt eine Neuauflage erreichen; und auch, dass dabei eher Panik geschürt statt sachlich berichtet wird, ist wenig überraschend.  Aber wie Politik, Sicherheitsbehörden und Medien dann genau vorgehen, ist dann doch relativ absurd.

(1)

Am Tag der Entscheidung des BVerfG waren bereits kurz nach der Urteilsverkündung die ersten Medlungen in den Radio-Nachrichten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, dass Sicherheitsbehörden, Innenminister, CDU o.ä. das Urteil heftig kritisierten (und das wurde verkündet, noch bevor das Urteil überhaupt erst mal erklärt wurde), dass nun zehntausende (sic!) Verbrechen nicht mehr aufgeklärt werden könnten und unglaublich viele furchtbare und ganz unmittelbare Gefahren lauerten. Selbstverständlich wurde das dann auch so berichtet, als wäre es die objektive Wahrheit.

Diese „Nachrichten“ waren in keiner Weise um Neutralität oder Objektivität bemühte Meldungen, sondern ganz klare, überaus einseitige, aber in ihrer Plumpheit auch hoffentlich von vielen Zuhörern durchschaute Kampagnen. Im heute-journal kam nach einer anfangs sehr guten Einleitung dann aber in einem langen Interview ein Hardliner aus dem Bund der Kriminalbeamten (BdK) zu Wort. Ganz vorne bei der Propaganda mit dabei ist natürlich die Springer-Presse. Auch das ehemalige Nachrichtenmagazin schürt fleißig Panik, aber sogar die Süddeutsche beteiligt sich.

(2)

Im ganzen Internet (oder, wie es meist heißt, „Cyberspace“) drohe, so der Tenor dieser „Berichte“, an allen Ecken und Enden Online-Betrug, Kinderpornografie oder Terrorismus, überall werden ständig Anschläge geplant oder – ich weiß leider nicht mehr, ob es ZDF oder Deutschlandradio war – es werden sogar Einbrüche geplant (das haben die wirklich so gesagt!)! Ja, wer kennt das nicht, ein paar Minuten nur in diesem komischen Internetz sind schlimmer als ein Leben in den härtesten Bezirken von Rio de Janeiro oder den schlimmsten Ecken Johannesburgs! Wenn man da nicht Acht gibt, kann einem ja so gut wie alles passieren! Das Web ist böse.

(3)

Und v.a.: so gut wie alle denkbaren Verbrechen werden ja dort, wenn nicht begangen, so doch geplant, und auch abseits dieses Cyberspace droht nun, da die Vorratsdatenspeicherung erst einmal gestoppt ist, überall alles. Der bayrische Innenminister warnt sogar, dass der „rechtlose Zustand“ gar Menschenleben kosten könnte. Doch nicht nur mehr oder minder schwere Straftaten, die Latte wird gezielt immer weiter nach unten gesetzt. So beklagt der BdK (erwähnt in dem selben Spon-Artikel) , dass auch etwa Beleidigung im Internet nicht mehr aufgeklärt werden könnten. Und das, Zitat BdK, „können wir nicht hinnehmen“. Nein, das können wir nicht! Wo kämen wir denn da hin?Ganz Deutschland droht ja schon jetzt in Chaos und Verbrechen zu versinken! Alles ist jetzt möglich! Ob Einfuhrschmuggel von Waffen oder Betäubungsmitteln, oder angedrohte Amokläufe und Bombelegungen – überall sind nun der Polizei die Hände gebunden! Und man könnte nun selbst – und das wird tatsächlich von der Polizei so kommuniziert! – gegen Suizidankündigungen oder bei Vermisstenfällen nicht mehr vorgehen. Oder, ganz klar, man brauche die Vorratsdatenspeicherung, so der bayrische Innenminister, um „verunglückte Bergsteiger zu retten“. Die Grenzen zur Realsatire sind wirklich fließend.

Man muss es sich wirklich mal vor Augen führen: da werden wahllos auch noch so große Gefahren aufgebauscht, gar Gefahren für Menschenleben behauptet, von den gleichen Seiten dann aber auch direkt so etwas wie Betrug oder gar Beleidigungen quasi auf die selbe Stufe gestellt, und unsere Qualitätsmedien nehmen das alles völlig komentar- oder kritiklos hin. Und es stört auch nicht, dass dank dem BVerfG der Zugriff auf die Daten ja auch bisher auf schwere Straftaten beschränkt war und die Verfolgung oder Verhinderung der meisten genannten Delikte ja auch bisher gar nichts mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun hatte (und es daher auch keine Veränderungen geben wird).

(4)

Es muss nicht erwähnt werden, dass dieses Strategien höchst unseriös sind und natürlich in erster Linier dazu dienen, bei den nicht so sehr mit Technik und v.a. dem Internet vertrauten Bürgern Panik zu schüren (etwas komisch mutet es dennoch an, dass etwa die Telefonverbindungsdaten kaum angesprochen werden). Dass der Satz „das Internet darf kein rechtsfreier Raum sein“ nun mal wieder an allen Ecken und Enden zu hören ist, versteht sich von selbst. Auf tatsächliche Argumente, Beweise, dass die Vorratsdatenspeicherung wirklich so nützlich in Verbrechensaufklärung oder -verminderung ist, wie behauptet wird, wartet man natürlich vergebens.

Kein Beispiel scheint zu absurd, kein Zusammenhang zu konstruiert, um die angeblichen Gefahren, die ohne Vorratsdatenspeicherungen drohen, an die Wand zu malen. Jedes Verbrechen oder Vergehen, jede Ordnungswidrigkeit kann genannt werden, gegen die man dann keine Handhabe mehr hätte – man muss sich nicht wundern, wenn demnächst z.B. illegaler Handel mit Atomwaffen, Autodiebstahl oder Nichtentfernen von Hundekot auf Bürgersteigen nun ganz bedrohlich würden, weil es keine Vorratsdatenspeicherung mehr gibt.

Denn das ist klar: niemand ist mehr sicher!!!

Bildquellen:

(1) Dirk Adler / http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

(2) Vaguely Artistic / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

(3) Bram  Opstaele / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

(4) Cole  Henley / http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0/deed.de

[Diesen Beitrag kann man auch beim Auto-Anthropophag lesen.]

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Die größten Gefahren für Deutschland: Islamismus, Linksextremismus und Google

2010/01/21

Wenn die Bundesregierung die Programme gegen Rechtsextremismus auf Linksextremismus und Islamismus ausweitet, geht sie dabei Hand in Hand mit den Vereinfachungen der Vertreter der kruden „Extremismustheorie“, und sie verharmlost nach Meinung der Opposition damit den Rechtsextremismus mit seiner Rekordzahl an Gewalttaten.

Manche Medien sind da aber schon deutlich weiter, etwa der Deutschlandfunk in einem Interview mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (ja, so wird er natürlich geschrieben, aber ich hab unten die falsche Schreibweise von der Homepage des DLF belassen, weil ich von dort zitiere). Nicht nur eine Gleichsetzung – der Linksextremismus und der Islamismus sind dort eine so große Gefahr, dass der Rechtsextremismus nicht mal einer Erwähnung bedarf:

Spengler: Jetzt sind wir schon bei der Bedrohungslage in der Bundesrepublik. Geht eigentlich noch die größte Gefahr von islamistischen Zirkeln aus, oder richten Sie Ihr Augenmerk nach vielen Anschlägen insbesondere in Berlin und Hamburg wieder verstärkt auf die linksextremistische Szene?

Ja, genau, das fragen wir uns doch alle täglich, ist denn nun die ganz konkrete, unmittelbare und allseitige Bedrohung durch den  Islamismus immer noch die größte Gefahr für unser aller Leib und Leben, oder brauchen wir etwas Neues, vor dem wir uns fürchten müssen, etwa den linken Linksextremismus von links? Man kann nirgends mehr um eine Straßenecke gehen, ohne dass einen ein Muslim oder ein Linksautonomer – ja was denn eigentlich? Der Rechtsextremismus mit mit seinen rassistischen, anti-semitischen, menschenverachtenden Ansichten, mit seinen Gewalttaten, mit seinen Morden? Ach was! Die Autos! Kann denn nicht einer mal an die Autos denken?! Auch wenn dabei nach Polizei-Angaben zu 50% gar kein politisches Motiv zu erkennen ist – egal! Die tatsächliche Bedrohung spielt keine Rolle. Wichtig ist die, die eingeredet und vielleicht irgendwann, wenn man Erfolg hat, dann auch empfunden wird.

Allem Anschein nach wurde dann aber die Richtung, in die dieser Qualitätsjournalist offensichtlich gehen wollte, selbst für unseren Innenminister etwas zu dubios, und er bringt wenigstens ein bisschen mehr Nüchternheit hinein:

Spengler: Der Verfassungsschutz sollte bis Mitte des Monats eine Bewertung des Linksextremismus vorlegen. Ist das geschehen und zu welchem Ergebnis ist er gekommen?

de Maiziére: Bis Februar, Herr Spengler, habe ich eine solche Analyse erbeten. Wir haben noch nicht Februar und dann werden wir die Konsequenzen ziehen. Wir haben es hier auch damit zu tun, dass wir es regional sehr unterschiedlich haben. Wir haben diese Phänomene insbesondere in Berlin und Hamburg. Deswegen wird mit den beiden Ländern natürlich dort in besonderer Weise zu untersuchen sein, was zu tun ist. Das ist ein langer Weg. Wir haben es auch gesehen bei der politischen Gewalt, die von Rechtsextremen ausgeht. Insgesamt ist die Anwendung von Gewalt nicht gestiegen, aber bei denen, die Gewalt anwenden, ist die Hemmschwelle, intensiv Gewalt auszuüben, gesunken und das macht mir Sorgen.

Und schließlich kommt noch eine dem kritischen Journalismus würdige Frage zur Netzpolitik:

Spengler: Herr de Maiziére, letztes Stichwort: das Internet, von dessen Sicherheit wir ja alle zunehmend abhängen. Die Regierung will eine eigene Kommission zur künftigen Netzpolitik berufen. Für wie groß halten Sie die Bedrohung durch die beherrschende Stellung von privaten Unternehmen, etwa von Google, die mehr über den Bürger wissen zu scheinen als die über sich selbst?

de Maiziére: (…)  Aber immer ist mit Freiheit auch Gefährdung verbunden und Verantwortung, und deswegen ist es wichtig und richtig, dass wir diejenigen, die große Datenbanken ansammeln – und das sind mehr die Privaten als der Staat -, auch in die Verantwortung nehmen, mit diesen Daten sorgsam umzugehen, und wir müssen erwarten, dass auch die Bürger mit ihren eigenen Daten vorsichtiger umgehen als in der Vergangenheit. (…)

Nun, das ist die bekannte Masche der Politik seit einiger Zeit: Google ist böse. Und die staatliche Vorratsdatenspeicherung, die Online-Durchsuchungen, die Internetzensur (die im Moment nur ausgesetzt ist), das alles wird verschwiegen. Aber dass nicht einmal dieser „Journalist“ sie erwähnt und stattdessen so eine Frage stellt, zeugt einmal natürlich von kompletter Ahnungslosigkeit auf diesem Gebiet, aber auch wiedermal vom Niedergang der ehemaligen „vierten Gewalt“.